Fahrradtour mit dem Gravelbike von Innsbruck nach Barcelona in 9 Tagen:
- über den Arlberg
- den Bodensee
- den Genfersee
- entlang der ViaRhôna
- durch die wunderschöne Camargue und dem Meer entlang bis zu den Pyrenäen
- nach Figueres und entlang der Costa Brava nach Barcelona
Fahrrad-Tourenbeschreibung Innsbruck – Barcelona als Bikepacking Tour
Von meiner Fahrradtour präsentiere ich dir alle Fakten, sowie meine Strecke (auch als Karte) und meinen GPX-Track. Mein Bericht soll aber auch unterhaltend zeigen, was dich auf so einer Reise erwartet. Wie immer ist das unvorhersehbar und die eigentlichen Gegner kennt man erst im Nachhinein. Viel Spaß beim Lesen und hoffentlich beim Umsetzten deiner eigenen Fahrradtour.
Tourenübersicht: Innsbruck – Barcelona
Routenwahl
Innsbruck
Barcelona
Viele Wege führen nach Barcelona
Das Ziel Barcelona stand fest, die Route dorthin konnte unterschiedlicher nicht sein. Mein eigentlicher Start war in Kirchberg in Tirol. Von dort konnte ich in alle erdenklichen Richtungen starten ohne großer Unterschiede in der Gesamtkilometranzahl.
Nordroute: über Bad Tölz die Alpen nördlich umfahren und dann nördlich des Bodensees in die Schweiz rein.
Inntalroute: sicherlich eine der schönsten Routen. Immer den Inn entlang und über den Malojapass durch die Schweiz und nach Italien.
Südroute: Über den Brenner zum Gardasee und dann Richtung Mailand und über die Alpen bei Turin. Diese letzte Variante war mein Favorit und sie wäre es auch geworden, wäre da nicht dieses unglaublich heftige Italientief gewesen. Deshalb hieß es umdisponieren in letzter Minute. Während die gesamte Alpensüdseite von der Schweiz bis nach Italien verregnet war, wechselte sich auf der Alpennordseite Regen mit starken Föhn ab. So entschied ich mich für die Variante: Arlbergroute wie sie anfangs beschrieben ist.
Erster Versuch – erster Gegner: Starkregen
regen
Um so wenig Arbeitstage wie möglich zu verbrauchen, startete ich an einem Donnerstag nach dem Home Office von Kirchberg in Tirol. Außerdem habe ich noch auf einen Freund aus Salzburg gewartet, Christian, der mich die ersten beiden Tage begleiten wird. Soweit war zumindest der Plan. Es war ein traumhafter Tag: kalt, aber strahlender Sonnenschein. Das änderte sich schnell und bis Christian da war und wir startklar waren, hat intensive Dauerregen eingesetzt. Also rein in die Regenmontour und los gehts nach Innsbruck. Um es abzukürzen: mit einem gewaltigen Temperatursturz (runter auf 4°) und durch und durch nass haben auch wir mit dem Zug nach Innsbruck nach 40 Kilometer abgekürzt.
Zweiter Versuch – der echte Start, der echte Gegner: Arlbergpass
Der erste Tag wird also gestrichen und los geht es nun in Innsbruck bei Sonnenschein, starkem Südföhn und noch einem Mann mehr für die ersten Kilometer. Das sind gleich zwei Risikofaktoren. 1. Der Föhn kann sowohl als Gegen-, als auch als Rückenwind in das Ost-West ausgerichtete Inntal einfallen. 2. Bernhard, der zweite Begleiter am ersten Tag, ist ein extrem trainierter Gasgeber und ich wollte mich auf keinen Fall zu früh auspowern. Generell stand der Trip für mich unter dem Motte: Ankommen. Seit längerem plagen mich schon Magenprobleme und deshalb wollte ich die Tour dazu nutzen mich mental darüber hinweg zu setzten. Dazu gehört aber auch, stark auf meinen Körper zu hören. Und der, sowie die Pulsuhr sagte mir auf dem Inntalradweg Richtung Arlberg: langsamer. Die beiden haben mächtig Gas gegeben und ich habe meine Reserven zu früh verbraucht. Die Strecke selbst ist wunderschön. Spätestens wenn der Inn wild wird und der Radweg durch traumhafte Kiefernwälder führt kommt ein erstes Gefühl von Aufbruch auf.
Straße gesperrt
Nichts geht mehr. Totalsperre der Landstraße. Laut schnellem Google-Routing wäre es 200 Meter oberhalb der Straße auf einem Pilgerweg weiter gegangen. Doch schnell wurde uns klar warum die Straße gesperrt war: Ein heftiger Murenabgang hat jedes Passieren verhindert. 200 Höhenmeter für umsonst. Wir sind wieder runter auf die Straße und haben dort unser Glück versucht. Das wurde belohnt – die Schäden waren schon behoben.
Arlbergpass
Hier verabschiedete sich Bernhard alias „the-Windschattenmaker“ und egal was man vor dem Arlberg gefühlt hat, der immer steiler werdenden Pass, lässt dich deine Lunge, deine Beine, dein Herz und in meinem Fall auch Schwindel und Co. spüren. Es war eiskalt, steil, die Gänge vom Gravelbike zu hoch, die Taschen zu wackelig und ich einfach zu schwach. Die steilsten Abschnitte musste ich schieben. Christian hat weiter oben auf mich gewartet. Wir waren beide unterkühlt und unterzuckert. In einem Hotelfoyer haben wir uns aufgewärmt, angezogen und ein paar Riegeln gegessen. Es waren nur noch wenige Höhenmeter zum Pass. Links und rechts waren meterhohe Schneewände. Ein unglaublicher Kontrast zu dem was auf der Reise noch zu sehen sein wird. Dann ging es rein in die Wärmekammer des Föhns. Mit jedem Meter Abfahrt wurde es immer wärmer und der Föhn immer stärker. Eine Spätzlepfanne später und noch ein paar Meter weiter lagen wir auch schon in unseren Schlafsäcken an einem kleinen See bei 19° und Föhnsturm.
Karte Innsbruck – Barcelona
GPX-Datei Fahrradtour Barcelona
Damit du den Track als GPX-Datei nutzen kannst, öffne die Karte in Vollformat. Geh auf das Dreipunkte-Menü und auf „KML-Datei herunterladen“. Nimm die Datei und wandle sie in einen der vielen Konverter im Internet um.
Tag Zwei: Föhnsturm, Saharastaub und Frühling in der Schweiz
Von Bludenz nach Baden (CH)
Bis kurz vor die Schweiz hat mich Christian und der starke Südföhn belgeitet, gezogen und geschoben. Bei zum Teil 40 km/h und fast keiner Anstrengung wurde mir langsam klar, was passieren wird, wenn der Wind von der anderen Seite kommt. Aber das sind Zukunftsprobleme. Ciao Christian – Danke fürs begleiten und alleine geht es weiter entlang des Bodensees bis nach Arbon. Der ganze See war in den Dunst des Saharastaubes gelegt.
Fahrradfahren in der Schweiz
Grundsätzlich gibt es in der Schweiz ein ausgezeichnetes Wegenetz an Fahrradwegen. Die Velo-Routen sind alle gut beschildert, führen jedoch zum Teil mit deutlich mehr Höhenmetern und zusätzlichen Kilometern ans Ziel. Und ab und zu kommt man trotzdem auf die Straße. Hier sind die Schweizer sehr genau beim genauen Vorbeifahren – leider. Die an sich schon schmalen Straßen haben einen aufgezeichneten Radstreifen. Das verleitet die Autofahrer eher dazu so richtig knapp vorbei zu fahren. Radfahren auf der Straße war für mich hier in der deutschsprachigen Schweiz mit Abstand (oder eben ohne) am unsichersten. Die Schweiz hat aber auch sehr schöne Gravelabschnitte zu bieten, die richtig Spaß machen.
Endgegner Mehrbettzimmer
Akustische Gewalt
Tag zwei endete in der Jugendherberge in Baden in der Schweiz nach 182 Kilometern. Die Stadt scheint wunderschön zu sein und auf jeden fall einen Rundgang wert. Den hab ich nicht mehr geschafft. Ich wollte nur noch in mein Zimmer. Meine Ohrstöpsel habe ich leider in der Lenkertasche verlegt und auf die Schnelle nicht gefunden: ein großer Fehler. Im Zimmer wartete mein Endgegner. Ein extremer Grasgeruch von einem computerspielenden, nicht redendem Typen gab mir die erste Watsche. Man einigte sich auf intensives Lüften und dann schlief ich auch schon ein. Señor Grasgeflüster hat zum weiteren Zocken und Kiffen das Zimmer verlassen und ließ mich bis um 3 Uhr Nachts schlafen. Danke. Dann war Schluss. Das Schnarchen fing an und wie das so mit der Aggression und der Gewalt ist, sie steigerte sich langsam: Ich begann mit einem leichten Räuspern, gefolgt von lauterem Husten, bis hin zum Ein- und Ausschalten (erst) der Nachtlampe und dann des Zimmerlichts. Keine Reaktion. Ich probierte es mit lautem direkten Ansprechen und Türknallen. Keine Chance. Der junge Mann hat einen faszinierenden tiefen Schlaf und mir damit meinen geklaut. Was lernen wir daraus: Im Mehrbettzimmer immer Ohrstöpsel, oder Kopfhörer dabei haben!
Baden – Yverdon-les-Bains
Grundsätzlich habe ich keine Unterkunft vorab gebucht oder Etappen festgelegt. Das macht es zwar gegen Abend immer spannend wo und ob man eine gute Schlafmöglichkeit bekommt, man ist aber maximal flexibel und holt so sicher mehr Kilometer raus. Außerdem hatte ich alles zum Draussen-Schlafen (Matte, leichte Schlafsack und Notbiwak) dabei. Von Baden nach Yverdon-les-Bains war alles dabei: Gegenwind, Anstiege, Frühlingswiesen, Umwege, wunderschöne Schweizer Orte und coole Gravebike-Abschnitte (direkt am See, durch den Schilfgürtel). Am See hätte man sicher auch gut schlafen können, es war aber starker Regen für die Nacht vorhergesagt. Übrigens bienvenue in der französischen Schweiz. Die Jugendherberge in Yverdon-les-Bains hatte eigentlich wegen einer Schulklasse geschlossen, nach kurzer Überzeugungsarbeit öffnete der nette Besitzer dann doch noch ein extra Zimmer und ließ mich hier in einem Zimmer ganz für mich, ohne Schnarchgegner übernachten.
Tag 4: Weinberge, Genfersee, Frankreich, Regengüsse und Gegenwind
Mein Gepäck war in erster Linie so voll, um auf alle Wettersituationen vorbereitet zu sein. Deshalb war von der kurzen Hose bis zur Daunenjacke, Regenhose und Regenüberschuhen alles dabei. Wichtig ist aber im richtigen Moment die Sachen anzuziehen. Bei einem klassischen Aprilwetter, also Wechsel von Regen und Sonne, hab ich natürlich immer wieder zu lange gewartet. Und der kurz geglaubte Regenguss hat mich komplett durchnässt. Die eigentliche Route, die ich auf der Uhr hatte führte oberhalb des Genfersees durch wunderbare kleine Dörfer, Weinberge und hatte eine sensationelle Aussicht auf den See zu bieten. Ausblick hin oder her, ich wollte weiter kommen, verließ die meine Route und begab mich auf die Straße, die dem See entlang führte. Hier gibt es sowohl einen guten Radweg als auch einen hervorragenden Gegenwind. Zum Glück hatte ich die Wahl zwischen 22 km/h bei voller Anstrengung oder 21 km/h im Windschatten von einem netten E-Biker-Pärchen. Einfache Entscheidung und eine wahre Wohltat für die Beziehung zwischen mir und E-Bikern. Friede sei mit euch!
Nach Genf zog sich die Schweiz noch etwas bis es final nach Frankreich ging und es wieder hügelig wurde. Mit der Routenwahl habe ich die Alpen weitestgehend umfahren. In der Schweiz verläuft die Route zwischen den Alpen und dem Juragebirge. Hier in Frankreich streift man nun wieder die Alpen etwas. Einerseits ist der Blick zu den Drei- und Viertausendern nicht weit, andererseits muss man selbst wieder ordentlich Höhenmeter machen. Keine Sorge, das wird immer mit speedverwöhnten Abfahrten belohnt. Gegen Abend zieht ein Gewitter auf: unterstellen, Regenjacke anziehen, Unterkunft buchen und die letzten Meter machen. Was zum Essen wäre noch gut: Pizza.
Pizza
Aix-les-Bains – Valence
Guten Morgen Frankreich – guten Morgen Gegenwind. Das restliche schlechte Wetter am morgen ist nur noch ein müder Nachgeschmack des heftigen Unwetters der Nacht. An diesem Tag werde ich über viele umgestürzte Bäume und heruntergefallene Äste fahren, schieben und mein Bike tragen. Ich verabschiede mich aus meiner bordellartigen Behausung, selbiges gilt für den Unterstand meines Bikes und mach mich ausgestattet mit Baguette und Camembert auf zum Frühstück am Lac du Bourget.
Außerdem ging es noch über zwei kleinere Pässe drüber. Dem Col de Couz (624m) und dem Col de la Placette (587 m). Und dann ein gesperrter Tunnel, der mich durch eine geniale Schlucht (Caves Saint Christophe) gezwungen hat. Endlich wurde es flacher und ein schöner Radweg führt dem Fluss Isère entlang.
In Valence gibt es ein Velo Gite, also eine reine Bikerunterkunft. Willkommen ist man bis um 20:00. Ausgestattet ist sie wie eine Jugendherberge, nur eben alles unter dem Motto Radfahren. Zusätzlich gibt es eine top ausgestattete Fahrradwerkstatt. Hier kann man sich, wenn man will, mit allen anderen austauschen wie cool man ist, weil man schon so weit gefahren ist oder noch so weit fahren will. Weil man ganz anders fährt wie alle anderen oder doch das viel bessere Bike hat. Oder man will, so wie ich, gar nicht reden und bekommt dann während dem Essen trotzdem ein Ohr abgekaut. Schön und erholsam war es trotzdem.
Valence – Avignon: viel Wasser
Von Valence los geht es immer mal mehr, mal weniger der Rhone entlang. Wobei es nicht den einen Fluss gibt. Es gibt einen Hauptarm für die Schifffahrt der reguliert ist. Daneben verläuft ein wilder Teil der noch halbwegs wie ein Fluss ausschaut, mit allen Vor- und Nachteilen. Vorteile: Der Radweg daneben ist deutlich schöner und nicht so langweilig wie neben dem Kanal. Nachteil: Die Unwetter der letzten Tage haben ein deutliches Hochwasser hinterlassen. Also musste ich durch unzählige Wasserlacken solange es geht und diese weit umfahren, wenn es nicht mehr geht.
Hochwasser
So sind wie uns gegenüber gestanden. Aber es war schnell klar, das Wasser ist zu tief um durchzukommen, geschweige denn, die Bikes samt Taschen zu schultern. Also außen rum fahren. Die Landschaft neben dem Fluss wechselte zwischen frühlingshafter Blumenpracht, vielen Obst-, Gemüse- und Weingärten, endlosen gleichaussehenden mageren Wäldern und sensationell riechenden wilden Kräutern. Alles dabei und wenn der Gegenwind gerade nicht direkt durch kam, kann man hier auch ordentlich Meter machen. Und dann gehen sie los, die unzähligen Walnussplantagen. Jetzt im Frühling sind es einfach nur kahle Bäume, aber darunter spielt sich eine Farbenpracht an Frühlingsblumen ab. Die Strecke verläuft nicht mehr direkt am Fluss und so muss man auch einige Höhenmeter in Kauf nehmen. Ziel für diesen Tag war Avignon. Hier gibt es einen Campingplatz mit Jugendherberge und die Stadt ist wie aus dem Bilderbuch. Die nette Dame an der Rezeption erlaubte mir auch ohne Zelt am Camping Platz zu schlafen. 01:30: der Security weiß davon nichts und seine durchaus starke Taschenlampe weckte mich unsanft. „Interdit sans tente“. Danke 5 Jahre Französisch, dass ich es zwar verstand, ihm aber im Halbschlaf nicht klarmachen konnte, dass er 1. die Lampe aus meinem Gesicht nehmen soll und 2. alles tip top abgesprochen war. Irgendwann hat er es dann doch dabei belassen. Gute Nacht.
Camargue, Meer und ganz viel Mehr
Jetzt hätte ich fast vergessen zu erwähnen, dass ich schon an den ersten Lavendelfeldern vorbei gefahren bin. Wer kennt sie nicht, die Instagram-Fotos zwischen den Feldern und vermutlich irgendein Bauer der sich fragt, wann die ganzen Deppen wieder aus seinen Feldern gehen. Schön sind sie trotzdem, auch wenn sie noch nicht geblüht haben. Langsam geht die Landschaft über in eine immer verzweigtere Kanallandschaft. Neben den Kanälen gibt es entweder perfekt ausgebaute Radwege mit feinstem Asphalt oder Strecken, die eigentlich keine sind. Bei zweiterem wirst du so richtig durchgeschüttelt von jeder Grasnarbe und mehr wie 18 km/h sind nicht mehr drin. Hier beginnt auch die Camargue, ein großes Naturschutzgebiet das im Grunde das Rhonedelta darstellt. Vögel, weiße Pferde, Fischer, Hausboote, Sinti und Roma Camps, Lagunen und alles was man sich noch so in diesem idyllischen Klischee vorstellen kann gibt es hier. Die Camargue ist wirklich schön und würde sich perfekt eignen für ein paar Tage freies Schlafen und ein pures Naturerlebnis. Und dann, gerade vor mir ist es, das Meer nach 1100km. Ich habe es selbst fast nicht glauben können, aber direkt am Meer kann man relativ einfach am Strand fahren.
Unterm Strich verging die Zeit an der französischen Küste sehr schnell. Wenn man eher wenige Pause einlegt und versucht halbwegs schnell durch zu kommen stellt sich eine gewisse Monotonie ein: Campingplätze, Lagunen, Urlaubsorte, Strandabschnitte und ab und zu ein Gravel-Abschnitt der dich wieder durchrüttelt und aufweckt.
Bikepacking Küche
Der Vorletzte Tag: Figueres liegt hinter dem Wind
Am zweiten Tag am Meer geht es kurz vor der Grenze wieder ins Landesinnere. An diesem Tag hat der kalte, feuchte Wind die Sonne verharmlost. Bis zum Nachmittag hat diese Unterschätzung Spuren hinterlassen und mir war mächtig übel. Noch ein kurzer Boxenstopp in Le Boulou mit meinem Geheimdoping Iberogast und dann kann der Anstieg zu den Pyrenäen in Angriff genommen werden. Der Col du Perthus ist ein gnädiger Übergang über die Pyrenäen mit nur 290 Metern Seehöhe. Aber damit es nicht zu einfach wird gibt es ja noch den Gegenwind und ein paar Offroad-Abschnitte. Weg von der Nationalstraße ist aber auf jeden fall eine gute Idee. Die Gegend hier ist unsympathisch: Einkaufszentren, verdreckte Straßen, grimmige Menschen, bemitleidenswerte Prostituierte und Autos die sehr knapp vorbei fahren. Zeit wird es für die hoffentlich letzte Unterkunft in Figueres.
Pyrenäen
Langsam und beständig gewinnt das Rennen
Der vorletzte Tag hat mir mein Selbstvertrauen geraubt. Dagegen hilft eine satte Portion Haferflocken mit Banane. Allgemein schwöre ich auf diese Kombination. Haferflocken, etwas Schokolade, Nüsse und das mit kochendem Wasser übergießen – auf der ganzen Fahrt hatte ich nicht einen Krampf. In der letzten Unterkunft hatte ich meinen Kocher in den Taschen am Rad. Wasser in Gläsern in die Mikrowelle aufkochen und ÖAMTC-Clubkarte als Löffel, das geht auch.
Mit ordentlich Wasser, isotonischen Getränken und dem Wunsch heute anzukommen ging es in den letzten Tag. Zuerst im Landesinneren und wenn alles gut geht dann weiter am Meer. Zu oft habe ich auf meiner Biketour Pausen zu lange hinaus gezögert. Entweder es war kein schöner Rastplatz in Aussicht oder die Kilometeranzahl hat mir noch nicht gereicht. Heute wollte ich diesen Fehler nicht machen und so wurde es eine Siesta in einem Pinienwald direkt neben der Schnellstraße. Laut aber schön.
Eigentlich sollte es sich ausgehen noch an diesem Tag in Barcelona anzukommen. Aber auf so einer Reise hängt ganz viel vom Glück ab: die Gesundheit, das Wetter, Pannen. Es kann immer etwas passieren und somit fühlte ich Demut gegenüber dem Glück soweit gekommen zu sein. Und dieses Glück wollte ich am letzten Tag nicht auf’s Spiel setzten. In der Schweiz hat ein Radler zu mir gesagt: Langsam und beständig gewinnt das Rennen. Ich liebe Sprüche – den kannte ich noch nicht. In diesem Sinne wurde aus einer halbe Stunde rasten eineinhalb Stunden.
Einrollen in Barcelona
Die letzten Kilometer verlaufen an der Küste. Der Track führt mich immer wieder an der prall gefüllten Strandpromenade entlang. Ist hier Radfahren überhaupt erlaubt? Egal – ausweichen tut hier keiner und so kommt man nicht wirklich voran. Aber es ist sehr schön und so gönn ich mir immer mal wieder ein paar Abschnitte direkt am Strand. Dazwischen geht es auf der Hauptstraße mit Rückenwind schnell Richtung Barcelona. Ich merke wie ich in meinem Rhythmus der letzten Tage bin. Dieser Rhythmus ist effizient aber jetzt nicht mehr angebracht. Jetzt ist Zeit die letzten Tage, die Strapazen, das Erlebte und die Befürchtungen Revue passieren zu lassen. Zu schnell wäre ich fast an das Ziel gekommen ohne die letzten Kilometer so richtig zu genießen. Ein paar richtige Lieder und es fällt mir leicht die Freude aufkommen zu lassen, die den Aufwand hier her zu kommen gerecht wird. Und dann taucht sie langsam vor mir am Horizont auf, die Stadt in der jeder findet was er sucht. Meine Freundin ist an diesem tag in Barcelona gelandet und sollte mir irgendwo am Strand entgegen kommen. Sie suche ich. Ein paar Jugendliche stehen im Weg rum auf dem Fahrradstreifen und eine junge Frau springt gar über den Weg und mir direkt vors Rad. Hola Bettina.
Barcelona
Allgemeines und Tipps für Bikepacking Reisen
Bikepacking Navigieren und Routenwahl
Meine Route habe ich ab dem Bodensee mit Komoot erstellt und als GPX-Track auf meine Garmin Fenix 7 geladen. Die Uhr hatte ich am Handgelenk. Das hat trotzdem relativ gut funktioniert. Der Track war in zwei Teile aufgeteilt. der zweite war von Genf bis nach Barcelona. Das war definitiv zu lange. Abzweigungen wurden oft abgeschnitten. Vermutlich damit der Track kleiner wird. Ich würde empfehlen maximal 400km als einen Track zu speichern. Für die schnelle Navigation in der Stadt, meistens zu Unterkünften oder um Abkürzungen zu finden, habe ich Google Maps verwendet und das Smartphone in eine Handyhalterung gesteckt.
Allgemeine Tipps zum Bikepacken
Die wichtigsten Dinge die du auf so einer Reise wissen musst sind die, die du am dritten, vierten Tag selbst lernst. Dinge die dir vorher keiner gesagt hat und du dir dann denkst: … hätte ich doch bloß….
Damit genau das nicht passiert, solltest du auf jeden fall sie viele und so reale Testfahrten wie nur möglich machen. Das heißt alles packen und mindestens 80 Kilometer fahren. So kommt man schon auf so einiges drauf. Wie viel Wasser brauchst du? Welche Ernährung verträgst du auf so einem Fahrradtrip? Wie gut ist deine Fahrradhose? Eines kann ich dir sagen: Versuche dich und deine Fahrradhose jeden Abend zu waschen. Salzkristalle bleiben sonst zurück und wirken wie Schleifpapier. Außerdem schläft es sich verschwitzt nicht gut im Schlafsack. Zusätzlich würde ich auf jeden Fall eine Creme für den Hintern und andere Weichstellen da unten mitnehmen. Meine Finger sind am vierten Tag langsam aufgerissen. Das lag am vielen Schalten und dem Gummi des Lenkers. Vermutlich würde ich bei meiner nächsten längeren Fahrt sogar lange Handschuhe verwenden. So habe ich mir Pflaster über die Finger geklebt.
Taschen
Im groben hatte ich 3 Taschen. Eine Satteltasche (Rhino Works), eine Rahmentasche und eine Lenkradtasche (beide von Hofer). Von den beiden Hofer-Taschen war ich schwer begeistert. Speziell die Rahmentasche ist sehr robust. Die Satteltasche von Rhino Works war bereits auf der dritten Mehrtagestour dabei und hat nun ihren Geist aufgegeben. Sie wackelt doch recht stark. Zusätzlich hatte ich noch 3 Flaschenhalterungen, wobei sich eine am dritten Tag verabschiedet hat. Die Flasche auf der Oberseite des Oberrohrs hat mich sehr überzeugt. Zwischen dem Flaschenhalter und dem Lenker hatte ich noch eine kleine Tasche. Ein kleines Erste-Hilfe-Set hatte ich auch am Rahmen montiert. Und für Jause und die schnellen Dinge hatte ich einen kleinen leichten Rucksack.
Bike
Mein Fahrrad ist ein Ghost Road Ranger Advanced. Hier geht es direkt zur Seite des Herstellers. Mit dem Bike bin ich sehr zufrieden und hatte keine einzige Panne. Die original Schläuche haben bereits eine Dichtmilch drinnen. Damit habe ich mir mehrere Platten erspart.
Weiter Lesen?
Du hast das alles gelesen? Dann hat es dir hoffentlich gefallen. Interessierst du dich auch für Bergseen, für Wasser, für die Faszination von Gewässern in den Alpen? Dann habe ich vielleicht genau das richtige Buch für dich geschrieben. Schau es dir doch mal an:
Lagunen der Alpen
Das Buch über Bergseen. Die Schönheit von Alpengewässern festgehalten in Bildern, die eine ungeahnte…
Schaltseil gerissen: Schnellhilfe für unterwegs
Schnellhilfe bei gerissenem Schaltseil für Gravelbikes.
Geschenktipp für Bergfreunde
Das Buch über Bergseen ist das perfekte Geschenk für alle, die sich für die Schönheit der Alpenlands…
Transalp nach Bozen über Obernberger See und Jaufenpass
Anspruchsvolle und sensationelle Alpenüberquerung von Innsbruck nach Bozen über den Obernberger See,…
Transalp Tauernkreuz
Sehr anspruchsvolle Alpenüberquerung über das Tauernkreuz. Lange Tragestrecken in einer abwechslungs…
Hohes Brett über Bluntautal
Bike & Hike Tour ab Golling durchs Bluntautal. Mit dem MTB bis zur Oberen Jochalm. Weiter zu Fuß zum…
wie bist du von Barcelona weggekommen? Mit Flugzeug oder per Zug?
Hallo Steffi, leider mit dem Flugzeug. Ich wollte per Bahn. Aber da gibt es derzeit keine guten Verbindungen. Das Bike habe ich klein gemacht und in einen Karton. Die bekommt man bei vielen Rad- oder Sportgeschäften gratis. Ich hoffe das hilft dir. SG, Thomas